Die mühsamen Anfänge

Die Freude der jungen Leute in Jöllenbeck an der Musik ihres neuen Posaunenchores währt nicht lange. Mit dem jungen und noch relativ unerfahrenen Chor geht es bald bergab. Einige quittieren ihren Dienst, so dass schließlich nur noch zwei Bläser übrig bleiben und die Grenze der Spielfähigkeit erreicht wird. Das junge Laien-Blechbläser-Ensemble hat es sehr schwer, sich ohne fachliche Unterstützung bläserisch zu entwickeln. Nach langem und hartem Arbeitstag - unter schwierigen sozialen Verhältnissen - müssen sie in ihrer knapp bemessenen Freizeit neben den Vereinsstunden auch freie Zeit und Muße für Übungsstunden finden.

Bild Gerade zur rechten Zeit  kommt im Herbst 1844 Pfarramts-Kandidat Dietrich August Rische (1819-1906) als Hauslehrer zu Pastor Volkening nach Jöllenbeck (sein späterer Schwiegersohn und Biograph). Über ihn wird berichtet, dass er "gründlich in der Musik beschlagen" ist und die Sache allmählich wieder in Fluss bringt. Bis zu seiner Versetzung im Herbst 1849 finden die jungen Bläser und Sänger damit für etwa 5 Jahre einen musikalisch versierten Förderer und Lehrer. Er ist vermutlich selbst kein Blechbläser, tritt aber auf verschiedene Weise musikalisch in Erscheinung.
Er hat die Melodie des Weihnachtsliedes "Mit den Hirten will ich gehen" (Missionsharfe, Nr. 123b) komponiert und den Text des Liedes "Gott ist die Liebe" (Missionsharfe, Nr. 29) verfasst. Rische gehört auch zu den Gründern des "Evang. stiftischen Gymnasiums in Gütersloh" (1851) und des "Rettungshauses Schildesche" (1852), dem heutigen "Evangelischen Johanneswerk Bielefeld".

Missionsharfe Im Jahre 1856 veröffentlich Rische seine Liedersammlung "Das geistliche Volkslied. Sammlung geistlicher Lieder für außergottesdienstliche Kreise in vierstimmigen Satze" für Klavierbegleitung. Sie ergänzt die ein stimmige "Missionsharfe" Volkenings durch vierstimmige Notensätze. Diese Tonsätze und ihre Vorläufer sind die Notenliteratur der Jöllenbecker Bläser auf den Vereins- und Missionsfesten für den Gemeindegesang. Alte "ehrwürdige Lieder im Kirchenton" und neue geistliche Lieder im "Volkston" (Missionsharfe), das sind die beiden musikalischen Stilrichtungen, die das kirchliche Leben dem jungen Posaunenchor zum Musizieren aufgibt.

Anfangs beschränkt sich der Dienst der Posaunen auf die Vereins- und Singstunden der jungen Leute. Mit zunehmender Erfahrung erweitet sich das Aufgabenfeld auf alle Bereiche kirchlichen Lebens: Posaunenmusik in der Gemeinde, beim Besuch der Alten und Kranken und auf Gemeindefesten Erst nach Einweihung der neuen Kirche (Abb.) im Jahre 1854 entfaltet sich auch das gottesdienstliche Musizieren im Wechsel mit den Sängerchören des Jünglings- und des Jungfrauen Vereins zur vollen Blüte.


Foto Rische: Wikipedia